Am Samstag den 08.04.2017 starteten wir, 24 erwartungsvolle Mokos, unsere Reise nach Südafrika. In Kapstadt wurden wir von Thabang Mokoena, dem Chorleiter aus Heidelberg (ZA) und Simone Knapp abgeholt, die ihre Dienstreise (KASA) noch ein paar Tage verlängerte, um für uns den Aufenthalt in Kapstadt zu organisieren. So stand am nächsten Tag Robben Island auf dem Programm. Der Wettergott hatte es auch gut mit uns gemeint, und die See war nicht zu stürmisch. Der Besuch auf der Insel bewegte uns tief. Durch die bildhaften Erzählungen unserer Guides, im Besonderen durch die Erfahrungsberichte des ehemaligen Häftlings, der uns durch die einzelnen Trakte führte, wurde es zu einem einprägsamen Erlebnis. Wir beendeten unseren Rundgang vor der Zelle von Nelson Mandela und sangen zu tiefst ergriffen zusammen das Lied Asimbonanga. Zurück an der Waterfront tauchten wir wieder in das Touristengetümmel ein. Spontane Singaktionen überkamen uns mal hin und wieder. Wie immer blieben die Passanten stehen und Angestellte der anliegenden Restaurants strömten hinaus und hörten begeistert zu.
Der nächste Tag stand für alle zur freien Verfügung in einer Stadt mit einem sehr vielfältigen Angebot. Von den Hop-on-Hop-off-Bussen über den Tafelberg bis hin zum botanischen Garten, für jeden Geschmack war bei bestem Sonnenschein etwas dabei, nicht zu Letzt die afrikanischen Souvenirmärkte, die immer wieder begeistern. An diesem Abend stand noch unser Auftritt im afrikanischen Restaurant „Marcos Place“ auf dem Programm. Nachdem wir ein sehr leckeres Essen verspeist und ein paar Songs zum Besten gegeben hatten, fiel die Liveband spontan dazu ein und der Abend endete in einer frenetischen Jamsession.
Zur Weiterfahrt am nächsten Tag Richtung Mosselbay stand für uns ein „5 Sterne Tourbus“ mit Clemens aus Malawi als Busfahrer bereit. Wir folgten den historischen Spuren der europäischen Entdecker und Siedler und verbrachten unsere erste Nacht am aufgewühlten indischen Ozean. Am nächsten Tag konnte man bei einem Strandspaziergang erkunden, dass die Bucht ihrem Namen alle Ehre macht. Und wir wurden am Abend mit der Sichtung von Delfinen über die Enttäuschung, keine Wale gesehen zu haben, getröstet. Über die traumhaft schöne Garden Route ging es weiter zum Addo Elephant National Park, wo wir unsere Safarilust stillen wollten. Eine wunderschöne Unterkunft in der Nähe des Parks erwartete uns in einem fantastischen Spätnachmittagssonnenlicht. Kleine Rundhäuser, reetgedeckt und mit Liebe zum Detail hübsch eingerichtet, waren rings um eine gepflegte Wiese angeordnet. Dort hätte man es ruhig noch länger ausgehalten können…aber leider war der Aufenthalt nur auf zwei Nächte begrenzt und am Ostersonntag sollte es ja schon wieder weiter Richtung Queenstown gehen. Unsere Erwartungen bei der Jeep-Safari wurden aber in vollem Maße erfüllt. Jeder bekam während der 2-Stunden-Tour nicht nur genügend Elefanten zu sehen, sondern auch Antilopen, Warzenschweine, Zebras und Strauße. Manche bekamen sogar Löwen zu Gesicht; allerdings waren diese nicht sehr interessiert an uns und ließen sich bei ihrem Mittagsschlaf nicht stören! Wehmütig reisten wir dann ab, ohne Giraffen gesehen zu haben. Roydon hieß die nächste Unterkunft in der Nähe von Queenstown und wir wussten nicht, was uns erwartet, da Eva diese Unterkunft noch nicht vorher auskundschaften konnte. Nach einer sehr langen Busetappe und einer ernüchternden Fahrt durch die Stadt kamen wir endlich an eine Wegbiegung, mit entsprechendem Wegweiser. Kaum waren wir auf die Schotterpiste abgebogen, erspähten wir die Köpfe dieser großen Tiere zwischen den Bäumen - es war nach einigen Metern klar - hier gibt es tatsächlich Giraffen! Die Unterkunft entpuppte sich als Kleinod und wir bereuten jetzt schon die frühe Abreise am nächsten Morgen. Zur Krönung bot uns Johannes, der junge Verwalter, noch eine kleine Privat-Safari an und kam auf einmal mit einem Jeep um die Ecke.
Am Montag, den 17. April war mal wieder nichts mit Ausschlafen. Früh fuhren wir los, um
vor Einbruch der Dunkelheit im Königreich Lesotho anzukommen. Am Grenzübergang erwarteten uns Lesedis, zwölf stimmgewaltige Sänger und Sängerinnen aus Thabang’s Chor. Nach ausgiebigem Drücken und Herzen begannen sie zu singen, bei uns bekannten Liedern sangen wir natürlich mit. Die Menschen, die an der Grenze Schlange standen, waren begeistert. Auf unserer letzten Etappe zur Malealea Lodge gab es im Bus einige bedenkliche Gesichter. Rechts und links der Piste ging es steil den Abhang hinunter. Der landschaftliche Ausblick war grandios. Clemens hat seine Arbeit souverän gemeistert und uns wohlbehalten zur Lodge gebracht. Für die Mokos, die schon einmal da waren, war es wunderbar die Anlage fast unverändert vorzufinden, die Neulinge konnten es kaum fassen, wie bezaubernd die Umgebung und die Lodge waren.
Nach dem gemeinsamen Abendessen probten wir ausgiebig für unseren Auftritt beim Chorfestival. Die Lesedis inspirierten uns mit ihrem kräftigen Gesang und unterstützten uns geduldig bei der Choreographie. Es sei ihnen gedankt. Am nächsten Morgen hatten wir Generalprobe. Zur Mittagszeit machten wir uns in Choroutfit auf den Weg zur Townhall. Nachdem die Dorfbewohner so allmählich eingetrudelt waren, konnten wir endlich loslegen. Zwei regionale Chöre, der Dinotsi Choir und der Malealea Choir, die Lesedis und die Mokochöre begeisterten die Einheimischen und auch einige westliche Touristen mit ihren Gesängen. Für Irritation sorgte eine Frau, die am Jurytisch Platz nahm. Sie unterbrach die Sänger durch lautes Klopfen. Allmählich wurde allen klar, dass ihre Intervention zum Festival gehörte. Das Publikum konnte gegen Zahlung kleiner Geldbeträge Wünsche äußern. So kam es zu unerwarteten Konstellationen. Thabang musste zum Beispiel die Malealea-Chöre dirigieren. Die Veranstaltung zog sich mittlerweile schon über drei Stunden hin. Ein Ende war nicht abzusehen und so haben sich die Mokochöre vorsichtshalber verabschiedet.
Da die umweltbewußten Betreiber der Lodge um 22 Uhr das Licht aus Energiespargründen abschalten, kamen die „Sternengucker“ voll auf ihre Kosten. Der Blick in den Himmel war einfach grandios.
Der nächste Tag stand unter dem Motto „Mokos im Paradies“. Die unglaubliche Weite, das Gefühl dem Himmel ganz nah zu sein, die Ruhe und der Frieden haben uns berührt und begeistert.
Ob auf dem Pferderücken, mit dem Mountainbike oder zu Fuß, jeder konnte unter der Führung von Einheimischen, die auch später mit uns singen sollten, die wunderschöne Umgebung der Malealea Lodge erkunden. Es gab eine ganze Menge zu entdecken: Die jahrtausendalten Felszeichnungen der Buschmänner, den Botsoela Wasserfall, das traditionelle Dorfleben, das Geheimnis des Bierbrauens, eine ökologische Farm, der mühsame Kampf gegen die allgegenwärtige Erosion – am Ende des Tages trafen wir uns wieder - etwas müde aber voller neuer Einsichten und Eindrücke.
Als krönender Abschluss fand abends ein gemeinsames Singen mit den Lesedis und den zwei lokalen Chören statt. Der Anfang war etwas zögerlich, aber die gemeinsam einstudierten neuen Lieder brachten uns näher und die Session endete mit begeistertem Singen, Tanzen und herzlichen Umarmungen. Noch eine letzte Gelegenheit den Nachthimmel über unseren Köpfen zu bestaunen, bevor am nächsten Morgen es weiter nach Ratanda gehen sollte.
Der Abschied von Malealea fiel uns schwer. Als wir wieder auf dem Pass „Gates of Paradise“ standen und zurückblickten, stand für manchen schon fest: hierher will ich nochmal zurückkehren.
Die lange Tagesetappe führte durch schöne Landschaften, vorbei an blühenden Cosmeas und unendlich weiten Feldern und Tierweiden. Als „Zeitvertrieb“ während der stundenlangen Fahrt stimmten wir immer wieder neue und alte Lieder ein. Abends erreichten wir unser letztes Ziel: Ratanda, Township von Heidelberg (ZA) und Heimatstadt von Thabang.
Die Lesedis waren in ihre Wohnungen zurückgekehrt und wir checkten in die schon lang bewährte Unterkunft, Gaarona Valley Lodge, zwischen Heidelberg (ZA) und Ratanda ein. Oupa, so hieß der Manager, hatte die Zimmer renoviert, die letzten Glühbirnen eingeschraubt, für warmes Wasser gesorgt und ein Abendessen vorbereitet.
Der nächste Tag bot noch einmal einen Höhepunkt an intensiven Begegnungen mit Menschen aller Altersstufen. Zuerst besuchten wir das Ratanda Old Age Center, eine Tagesstätte für ältere und behinderte Menschen, zwischen 50 und 90 Jahren. Thabang und die Lesedis kümmern sich um sie, sie kochen, singen, reden miteinander und die Jungen hören den Erzählungen der älteren Generation zu. Die Männer und Frauen erwarteten uns bereits mit Spannung. Wie auch diesmal bestätigte sich, dass die Musik, das gemeinsame Singen, die beste Kommunikation ist. Wahrscheinlich waren beide, sie und wir, erstaunt über das Vermögen eine gemeinsame Sprache gefunden zu haben. Herzliche Umarmungen beendeten auch dieses Treffen. Nebenbei noch erwähnt, ist in diesem Gebäude auch der Kindergarten untergebracht, ein Konzept, dass auch in anderen Ländern die Atmosphäre eines sozialen Zentrums positiv beeinflusst.
Weiter ging es mit dem Bus in die Schule Tikelo Primary School, wo die Kinder der Arbeiter, die bei weißen Getreidefarmern und Rinderzüchtern schaffen, unterrichtet werden. Wie uns Thabang erzählte, wird diese Schule vom Staat kaum unterstützt und deshalb engagiert er sich auch hier mit seinen Lesedis. Mehr als 500 Kinder besuchen die Schule. Sie empfingen uns stürmisch, schleppten ihre Stühlchen an und drängten sich erstaunlich diszipliniert in den Raum, wo wir und auch die Schüler auf einer Bühne ihre hoffnungsvollen Lieder sangen.
Um 4h versammelten wir uns im Woza Africa Center in Ratanda. Anwesend waren alle Lesedis, deren Eltern und Kinder, die Aktivisten und Helfer der NGO Bokamosa und andere Mitglieder der Community. Der Lesedi-Chor sang und tanzte, was das Zeug hielt, wir taten auch unser Bestes, bekanntlich etwas verhaltener, eine Bläsergruppe zog ein und jazzte, dass es ein Vergnügen war. Thabang war der Magier, er dirigierte die ganze Community anscheinend ohne Mühe. Man nennt diese Begabung wohl Charisma.
Abends Party bei Oupa, die Lesedis und wir. Und wer glaubt, alle Anstrengungen wären nun vorüber gewesen, der kennt Eva schlecht. Ein letzter Aufruf zur gemeinsamen Probe des bevorstehenden Musicals „Sarafina“. Die Lesedis werden anscheinend generell nicht so schnell müde und aktivierten unsere letzten Reserven. Dann Party mit viel Grillfleisch und anderem guten afrikanischen Essen und um 10h herzlicher Abschied unserer jungen Lehrmeister.
An unserem letzten Tag erschien Thabang zum Abschied mit seiner Privatmannschaft, den beiden Mädchen Lesego und Tshepang, die schon bei uns in Deutschland waren und seinem kleinen Sohn, Kamohelo, Thabang jr. Der Kontakt zur zweiten Generation war geknüpft. Am Abend zuvor hatte sich auf geheimnisvolle Weise ein Chauffeurwechsel vollzogen. Plötzlich war unser alter Freund Manda aufgetaucht und Clemens wurde zu einer anderen Fahrt abgeordnet. Manda, der soviel über sein Land und seine Geschichte weiß, versorgte uns während der Fahrt zum Flughafen in Johannisburg mit interessanten Informationen. Vorher lieferte er uns in Soweto ab, und manche besuchten das Hector Pieterson Museum, das an die Geschehnisse um den Aufstand in Soweto erinnerte und andere das Mandela Haus, in dem Nelson Mandela einige Jahre in der Zeit der Apartheit wohnte.
Als wir, der Chor Mokole, vor zehn Jahren zum ersten Mal in Soweto waren, durften wir uns noch nicht alleine außerhalb der bewachten Herberge bewegen; diesmal tauchten wir ganz selbstverständlich in das bunte Straßenleben mit den vielen Souvenirständen, Restaurants und Cafés ein, die es damals auch noch nicht gegeben hatte. In gelöster Stimmung verabschiedeten wir uns dort von einem komplexen, doch hoffnungsvollen Südafrika. Wir danken den vielen wunderbaren Menschen, die uns so herzlich aufgenommen haben und danken Eva Buckmann und Thabang Mokoena für ihre Hingabe an unser gemeinsames Chorleben.
Birgit Albrecht, Agnes Klepka, Adriana Ziegler, Birgit Mayr